Mythos Scheidungspapiere
Viele kennen die Szene aus amerikanischen Filmen: Ein Ehegatte steht plötzlich mit „den Scheidungspapieren“ in der Tür – der andere soll unterzeichnen, um den Weg zur Trennung freizumachen. Diese Vorstellung hält sich hartnäckig, sorgt aber immer wieder für Missverständnisse bei Mandantinnen und Mandanten.
Kein „Unterschreiben der Scheidung“ in Deutschland
Im deutschen Familienrecht gibt es diesen Ablauf nicht: Wer die Scheidung will, beauftragt einen Anwalt und lässt über ihn beim Familiengericht einen Scheidungsantrag einreichen. Das Gericht stellt diesen Antrag der anderen Partei förmlich (gelber Umschlag) zu – es wird also nichts vom Ehepartner „unterschrieben“. Das Gegenüber muss dem Antrag nicht zustimmen, um die Ehe zu beenden. Eine einseitige Antragstellung genügt. Häufig ist der Scheidungstermin für beide Beteiligten ohnehin die allererste Berührung mit einem Gerichtstermin.
Unterschiede zu anderen Ländern
Der Mythos der „Scheidungspapiere“ stammt vor allem aus den USA: Dort ist es tatsächlich oft so, dass ein „Petition for Divorce“ oder ähnliche Formulare dem Ehepartner persönlich zugestellt werden – meist sogar in Anwesenheit eines sog. „Process Servers“. Die Unterschrift der anderen Partei ist mitunter Voraussetzung für einen schnellen oder einvernehmlichen Verlauf.
Auch in anderen Ländern (z.B. Großbritannien oder Australien) gibt es vergleichbare Formulare und Verfahren, bei denen das Unterzeichnen von Dokumenten für die Scheidung nötig oder zumindest üblich ist.
Das deutsche Verfahren
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Es ist kein gemeinsames Unterschreiben der Scheidungspapiere notwendig.
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Nur der antragstellende Ehegatte benötigt grundsätzlich anwaltliche Vertretung – der andere kann auf einen eigenen Anwalt verzichten, muss aber auch nichts unterschreiben. Der Auftraggeber muss nur seinem Anwalt eine Vollmacht unterzeichnen und den Vorschuss für die Gerichtsgebühren und ggf. den Anwalt überweisen.
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Das Gericht stellt alle Schreiben und Anträge, nachdem es sie prüft, förmlich dem/der anderen zu.
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Einzige Ausnahme: Für sog. „Scheidungsfolgenvereinbarungen“ (z.B. Vereinbarungen zum Unterhalt, Zugewinn oder Sorgerecht) kann eine notarielle Beurkundung und damit gemeinsame Unterschrift beim Notar notwendig sein – aber nicht für die Scheidung selbst.
Fazit
Wer die „Scheidungspapiere“ aus Film und Fernsehen erwartet, sitzt in Deutschland einem weit verbreiteten Irrglauben auf. Hier genügt ein Antrag durch den Anwalt – alles Weitere läuft formell und schriftlich über das Gericht. Kein Ehepartner muss dem anderen die Scheidung buchstäblich unterschreiben oder übergeben.
Das ist in der Praxis ein großer Vorteil: Auch wenn eine Partei die Scheidung nicht will, kann die Ehe auf Antrag geschieden werden. Das vermeidet emotionale Hürden und gibt Rechtssicherheit.
Für weitere Fragen zur Einleitung, dem Ablauf oder zur Zustellung im deutschen Familienrecht können Sie uns gerne ansprechen.
Stuttgart, den 31.07.2025
Tobias Zink, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht aus Stuttgart, ist spezialisiert auf Familienrecht.