Anders als im Fernsehen: Der Ablauf des Scheidungstermins
Für viele unserer Mandanten ist der Scheidungstermin die erste Gerichtsverhandlung in ihrem Leben, für uns ist sie Routine. Erfahren Sie, wie ein Gerichtstermin abläuft und vergessen Sie zunächst, was Sie aus dem Fernsehen darüber gesehen haben.
Die Ladung zum Termin erhalten Sie vom Gericht per Briefpost und zusätzlich über uns per E-Mail. In der Ladung stehen Ort, Zeit und der Sitzungssaal. Bringen Sie Ihre Ladung zum Scheidungstermin möglichst mit. Sollten Sie Ihre Ladung daheim vergessen haben, so finden Sie den Termin auch am Aushang des Gerichts. Auch vor dem Verhandlungssaal ist Ihr Termin nochmals angeschlagen, denn bis vor dem Gerichtssaal gilt das Prinzip der Öffentlichkeit. Manchmal finden aus Sicherheitsgründen Zugangskontrollen zum Gericht statt. Hierfür müssen Sie nicht mehr als 10 Minuten Zeit einplanen.
Kommen Sie nicht zu früh vor den Gerichtssaal, denn ansonsten treffen Sie dort Ihren Ehegatten, dem Sie (vielleicht) nicht mehr als notwendig begegnen wollen, oder auch auf den gegnerischen Anwalt. Warten Sie lieber ein paar Türen weiter. Sollten Sie sich verspäten, so rufen Sie am besten kurz bei Gericht an (Telefonnummer steht auf der Ladung), so dass das Gericht informiert ist. Wir selbst werden eher pünktlich als zu früh erscheinen.
Der Termin beginnt mit dem Aufruf der Sache durch den Richter (oder die Richterin; im Folgenden sprechen wir nur vom Richter, obwohl viele Familienrichter Frauen sind). Nur falls noch nicht alle Beteiligten im Saal sind erfolgt eine Durchsage per Mikrofon über den Gerichtsflur. Beim Familiengericht ist in der ersten Instanz nur ein Richter anwesend, in der zweiten Instanz dann drei Richter.
Also betreten die Beteiligten (also Sie und der andere Ehegatte) mit uns den Saal und nehmen Platz. Eine feste Sitzordnung besteht nicht; wir zeigen Ihnen, wohin Sie sich setzen können. Wir sitzen dann immer direkt neben Ihnen. Anwälte müssen vor dem Familiengericht der ersten Instanz keine Robe tragen; ich habe Anzug mit Krawatte an, der Richter trägt Robe. Sie kommen am besten in der Kleidung in der Sie sich wohl fühlen, die zu Ihnen passt und mit der Sie einen gepflegten Eindruck hinterlassen.
Die Verhandlung zur Ehescheidung beginnt zunächst nichtöffentlich, also ohne Publikum. Neben den Beteiligten, dem Richter, Anwälten und eventuell Dolmetscher sind keine weitere Personen anwesend. Sonstige Personen können nur mit ausdrücklicher Genehmigung aller Beteiligten bei der Verhandlung anwesend sein. Wenn Sie also nicht wollen, dass weitere Personen zuhören, so können Sie das durch Ihre Ablehnung, die Sie nicht begründen müssen, verhindern. Ein Dolmetscher ist erforderlich, wenn einer der Beteiligten so schlecht deutsch spricht, dass er der Verhandlung nicht folgen kann. Sollte das bei Ihnen der Fall sein, so informieren Sie uns vorher, damit das Gericht einen Dolmetscher besorgt.
Die Verhandlung ist nicht so förmlich, wie man es vielleicht aus dem Kino oder dem Fernsehen kennt, die Atmosphäre kann durchaus entspannt sein. Bitte bringen Sie einen gültigen Ausweis mit, weil das Gericht sich überzeugen will, welche Staatsangehörigkeit die Beteiligten haben. Bei einer ausländischen Staatsangehörigkeit ist möglicherweise ausländisches Recht zu berücksichtigen. Auf diese Problematik werden wir Sie aber vor der Verhandlung hinweisen.
Zunächst führt der Richter in Ihren Sachverhalt ein und gibt allen Beteiligten einen groben Überblick. Meist lässt der Richter dann die Scheidungsanträge stellen und der Anwalt des Antragstellers (also des Ehegatten, der die Scheidung zuerst beantragt hat) verweist auf seinen Schriftsatz, der sich in der Akte befindet. Bei einer einvernehmlichen Scheidung stimmt der Antragsgegner (oder die Antragsgegnerin) der Scheidung zu. Dies kann er/sie ohne Anwalt tun. Eine anwaltliche Vertretung ist nämlich nur erforderlich, wenn die Beteiligten jeweils eigene Anträge stellen wollen. Sollte auch auf Gegnerseite eine anwaltliche Vertretung stattfinden, wird häufig auch ein eigener Scheidungsantrag gestellt, was aber für die Einvernehmlichkeit der Scheidung keinen Unterschied macht. Ein Gegenanwalt könnte auch die Ablehnung der Scheidung beantragen, was meistens keine Überraschung sein und sich schon aus der vorgerichtlichen Korrespondenz ergeben wird.
Dann hört der Richter die Eheleute zum Scheidungsantrag an, was aber auch nicht so dramatisch ist: Er will sich persönlich von den Voraussetzungen der Scheidung überzeugen, also wissen, seit wann die Eheleute getrennt leben und ob sie wirklich keine gemeinsame Zukunft mehr sehen. Bei einem Getrenntleben durch Auszug genügt es, das Datum des Auszugs (zumindest grob) zu benennen. Bei einer Trennung innerhalb der Wohnung fragt das Familiengericht etwas genauer nach, wie sich die Trennung in der gleichen Wohnung vollzogen hat. Des Weiteren wird das Gericht fragen, ob es zwischenzeitlich Versöhnungsversuche gegeben hat, ob die Ehegatten die Ehe als endgültig gescheitert ansehen und ob sie geschieden werden wollen. Weitere Fragen zu sonstigen persönlichen Verhältnissen werden die Ausnahme bleiben. In vielen Fällen stellt der Richter die Fragen so, dass Sie nur mit Ja oder Nein antworten müssen. Wichtig ist, dass Sie vor dem Familiengericht wahre Angaben machen müssen.
Wenn die Eheleute minderjährige Kinder haben und sich über deren Aufenthalt einig sind, wird das Gericht kurz darauf hinweisen, dass man sich bei Problemen auch an das Jugendamt werden kann. Ohne besonderen Antrag wird sich das Gericht also nicht weiter in die Sorgerechtsentscheidungen der Familien einmischen.
Im Anschluss an die Anhörung wird der von Amts wegen durchzuführende Versorgungsausgleich (gesetzliche, betriebliche und private Rentenansprüche) besprochen. Hat man dessen Ausschluss vereinbart, so wird das Gericht die Wirksamkeit des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs erörtern. Meistens werden bei mir entsprechende Vereinbarungen schon im Vorfeld getroffen, so dass in dieser Stelle keine größeren Schwierigkeiten zu befürchten sind. Außerdem haben wir die Auskünfte der Versorgungsträger schon vorab erhalten und kennen die zu erwartenden Probleme.
Weitere Folgesachen, z.B. Unterhalt oder Zugewinn, werden nur erörtert, wenn vor dem Scheidungstermin überhaupt ein entsprechender Antrag gestellt wurde. Auch das bekommen Sie vorher von uns mitgeteilt.
Vor der Verkündung des Scheidungsbeschlusses wird die Öffentlichkeit wieder hergestellt. Denn der Beschluss, in dem die Ehescheidung ausgesprochen wird, ist immer öffentlich. D.h. ab sofort können wieder unbeteiligte Dritte den Gerichtssaal betreten. Es wird aber so gut wie nie jemand vor der Türe warten und hereinkommen. Von der Wiederherstellung der Öffentlichkeit werden Sie daher wenig mitbekommen. Dies geschieht je nach Gepflogenheiten des Gerichts durch förmlichen Beschluss, durch Öffnen der Türe, durch unverständliches Gemurmel oder auch durch einen unauffälligen Druck auf den Knopf, der die elektronische Anzeige draußen vor der Tür betätigt und das „nicht“ vor dem „öffentlich“ zum Erlöschen bringt.
Zur Verlesung des Beschlusses müssen alle Beteiligten im Raum aufstehen. Orientieren Sie sich einfach daran, ob Richter und die Anwälte aufstehen, dann erheben Sie sich ebenfalls. Der Richter spricht die Scheidung durch „Beschluss“ (und nicht durch „Urteil“) aus und trifft eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich.
Daneben setzt das Gericht den Verfahrenswert fest. Hierzu wird es zuvor die Beteiligten – entweder nach Verkündung des Scheidungsbeschlusses oder aber schon im Rahmen der vorangegangenen Anhörung – zu den Einkommens- und zu den Vermögensverhältnissen befragen. Davon hängt der Verfahrenswert nämlich ab.
Der Beschluss ist zunächst noch nicht rechtskräftig. Sofern auf beiden Seiten Anwälte zugegen sind, werden sie meistens im Anschluss den Rechtsmittelverzicht bezüglich der Ehescheidung erklären, damit der Scheidungsbeschluss nicht mehr angefochten werden kann. Auch wenn dies nicht geschieht, kommt es zumindest bei der einvernehmlichen Scheidung zu 99 Prozent zu keiner Anfechtung mehr; Sie müssen dann aber noch ca fünf bis sechs Wochen warten, bis wir vom Gericht einen mit einem Rechtskraftvermerk versehenen Beschluss erhalten. Erst der Rechtskraftvermerk weist den Tag aus, seit dem Sie geschieden sind und erst dieses Dokument können Sie dann im Rechtsverkehr und vor Behörden als Nachweis für die Ehescheidung verwenden, zum Beispiel wenn Sie ihren früheren Namen wieder annehmen oder neu heiraten möchten.
Bei uns sind die Termine gut vorbereit. D.h. ich und ggf. der andere Anwalt haben im Vorfeld schon die wesentlichen Punkte geklärt. Bei der einvernehmlichen Scheidung wird daher der Gerichtstermin nicht länger als 10 bis 20 Minuten dauern. Bedenken Sie aber, dass möglicherweise durch vorhergehende andere Termine das Gericht in Verzug ist.
Bei weiteren Fragen sprechen Sie uns bitte an, gerne auch während der Verhandlung. Wir können das Gericht nämlich auch bitten, die Verhandlung zu unterbrechen, so dass wir uns unter vier Augen besprechen können.
Tobias Zink, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht aus Stuttgart, ist spezialisiert auf Familienrecht. Auf Twitter schreibt er unter http://twitter.com/FamRZink