Verzicht auf die mündliche Verhandlung bei Scheidungen? Nach § 128 FamFG müssen die Eheleute bei einer Scheidung persönlich angehört werden. Das bedeutet, dass sie auch physisch anwesend sein müssen. Die Videoverhandlung ist zwar theoretisch möglich, praktisch aber ausgeschlossen. Die Gerichte haben die persönliche Anhörung bislang auch sehr genau genommen. Bei einem im Ausland wohnenden Ehegatten (z.B. Expat) wird dann gerne mal ein paar Monate gewartet, bis er (oder sie) zum Ferienbesuch wieder in Deutschland sind.

In Corona-Zeiten sind die Gerichte nun flexibler geworden, besonders bei einvernehmlichen Scheidungen, in denen die Scheidungsfolgen mit einem Ehevertrag (oder auch Scheidungsfolgenvertrag) geregelt wurden, also z.B. nachehelicher Unterhalt und Zugewinn. So hat z.B. das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt auf die Anhörung eines inzwischen in Schweden wohnenden Mandanten verzichtet, nachdem wir die Quarantäne-Auflagen dargestellt haben. Das Amtsgericht Bad Urach hat nun von sich aus vorgeschlagen, auf die Anhörung zu verzichten, wenn die Eheleute per Formular auf die persönliche Anhörung verzichten und eine Kopie ihres Personalausweises mitsenden.

Man darf gespannt sein, ob sich die Gerichte auch nach Corona bei einvernehmlichen Scheidung etwas offener zeigen. Wenn beide Ehegatten anwaltlich vertreten sind und vor dem Notar die Scheidungsfolgen geregelt haben, so halte ich die Anhörung ebenfalls für verzichtbar. Und falls doch eine mündliche Verhandlung stattfindet, so erklären wir in diesem Artikel den Ablauf.

Tobias Zink, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Tel. 0711-233515, http://twitter.com/FamRZink

Stuttgart, 06.10.2021